Skip to content

Europawahl 2019.

Das Ergebnis für die Grünen bei der gestrigen Europawahl ist so großartig wie für die »großen« Parteien, insbesondere die SPD, desaströs. Selbst im nicht übermäßig progressiven Eutin stehen Bündnis90/Die Grünen mit 30,6% (gegenüber CDU 26,6%, SPD 18,4%) sogar noch deutlich besser da als im Bundesdurchschnitt (Bündnis90/Die Grünen 20,5%, CDU/CSU 22,6%, SPD 15,6%), wenn auch im Kreis Ostholstein (wie bundesweit) die CDU ihre stärkste Position unter den Parteien behaupten kann. [Via]

Dieses hervorragende Ergebnis kann durchaus bis zur nächsten Bundestagswahl tragen und sich dort wiederholen oder im Effekt verstärkt werden, denn die Hoffnung, die die Klimaschutz als wichtigstes Thema sehenden Wähler*innen in die Grünen setzen (und ihnen damit eine alles andere als einfache Aufgabe stellen), kann im europäischen Rahmen kaum enttäuscht werden: die Grünen werden dort (hoffentlich) konsequent ihre Politik vertreten, aber nicht die Linie des Parlaments bestimmen können.

Nur bei den über 60-Jährigen ist die CDU noch klar vorn, schon in meiner Alterskohorte (45–59 Jahre) liegen die Grünen mit 24% fast gleichauf.[Via] Insofern kein deutlicher Generationenkonflikt, aber doch eine deutliche Unterscheidung in Präferenzen. Da müssen die jungen Menschen noch mehr tun, um ihre Großeltern zu beeinflussen.

Dass in großen Teilen Brandenburgs und Sachsens die vom rechtsextremen »Flügel« bestimmte AfD die stärkste Partei ist, aber auch einzelnen Kreisen Thüringens und Sachsen-Anhalts,[via] ist mehr als traurig und muss deutlicher als bisher als hochproblematisch benannt und politisch bekämpft werden: Rechtsradikalität und Rechtsextremismus sind Gefahren für den Staat, die AfD zu wählen bringt Politiker mit mindestens rechtsradikalen Positionen in entscheidende Funktionen. Wer unsere Demokratie erhalten will, darf nicht AfD wählen.

Und die SPD? Einer der wenigen Gründe für die relative Sicherheit Andrea Nahles’ an der Spitze der SPD, unter deren Führung selbst die Position der stärksten Partei in Bremen verloren ging, dürfte sein, dass es keine Alternativen gibt: der Austausch gegen andere – etwa Olaf Scholz – würde keine Besserung bringen, die Jungen in der SPD hingegen werden als noch zu jung und zu unerfahren angesehen. Da aber die jungen Menschen in dieser Wahl die Stimmung beherrscht und das Thema bestimmt haben, könnte der Wechsel zu Kühnert, Klingbeil und Konsorten die letzte Möglichkeit für einen Versuch der SPD sein, mittel- und langfristig überhaupt noch Land zu sehen.

Der Blick nach Österreich zeigt bei einem großen Teil der Wähler*innen sture Uneinsichtigkeit. In Italien, Polen und Frankreich sind die rechtspopulistischen Europafeinde knapp vorn.

Auch im UK sieht es nicht besser viel aus: Nigel Farage hat im Wahlkampf zum Brexit-Referendum die Brexiteers belogen, was die vermeintlich positiven Folgen des Brexits angeht (und das sollten sie inzwischen auch mitbekommen haben), und bekommt mit seinem Ego-Projekt Brexit-Partei trotzdem 31% der Stimmen. Die LibDems bekommen immerhin 21%! [Via] – Wenn Labour jemals wieder einen Fuß auf den Boden bekommen will, sollten sie spätestens an dieser Stelle Corbyn pensionieren und gegen die Tories (noch nach den Grünen auf dem fünften Platz!) auf klaren EU-Kurs umschwenken, wie es die Mehrheit der Basis schon lange wünscht.

Bei der Wahl des Kommissionspräsidenten werden wir eine erste Probe der neuen Stärke der deutschen Grünen-Abgeordneten sehen – werden sie den eine CO2-Steuer ablehnenden Manfred Weber mitwählen, wie Ska Keller als Möglichkeit schon andeutete, oder werden sie Opposition deutlich machen und Frans Timmermans unterstützen? –

Update: Eine nicht zu schlechte Einschätzung von Bernd Ulrich zum Thema. Und auch Markus Beckedahl kommentiert.

»Wer nichts zu verbergen hat, der hat bereits alles verloren.«

Juli Zeh zum Datenspeicherproblem von NSA und anderen westlichen Geheimdiensten: Ein beobachteter Mensch ist nicht frei.

Während übrigens die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff der NSA-Affäre wegen ihre USA-Reise absagt, meint Frau Merkel (die sich um ihre Wiederwahl bewirbt), es sei besser zu warten. Damit ist sie bis heute beschäftigt.

Über Mehrheiten und Sicherheiten.

Jan Fleischhauer meint zwar die Linkspartei – aber letztlich ist das Prinzip wohl ein universales:

Statt jemanden an die Spitze zu holen, der Ideen hat und eine Strategie, wie sich der Abstieg aufhalten ließe, sucht sich das Kollektiv jemanden, der so denkt und handelt wie die große Mehrheit und damit den Durchschnitt auch in seiner ganzen Mittelmäßigkeit möglichst genau abbildet.

Die Personen in Führungsämter wählende Majorität neigt dazu, auf Nummer Sicher zu gehen und gerade nichts zu wagen. Dies scheint zunächst berechtigt, denn eine Entscheidung abseits des Mainstreams müsste begründet werden. Die Folge dieser Entscheidung jedoch ist die Reproduktion des immer Gleichen.

Zur Bundestagswahl.

»Jedes Land bekommt die Regierung, die es verdient. Der Wahlsonntag hat gezeigt, dass Deutschland kein besonders denkfreudiges Land ist – die Ideologie, die für den Abriss des Sozialstaates und die Weltwirtschaftskrise verantwortlich ist, wurde mit satter Mehrheit gewählt, um das Land in stürmischer See sicher in den wohlig warmen Hafen der sozialen Sicherheit zu navigieren.« [Der Spiegelfechter]

Wuwl – Informationen und Stimmungen.

Es ist geschafft!: alle Haushalte meines Wahlbezirks sollten nun meinen Kandidatenbrief bekommen haben (wenn nicht: ich habe noch ein paar übrig). Am nächsten Samstag gibt's noch mal einen Infostand in der Königsstraße, und dann liegt es an den Wählerinnen und Wählern in Eutin, die Verhältnisse zu ändern.

Der NDR sieht ja durchaus großes Interesse bei den Wählern, schafft durch unangemessene Fragen aber auch wieder Unsicherheit: es steht eine Kommunalwahl an – wieso wird dann nach der Zufriedenheit mit der Landesregierung gefragt? Selbst wenn man dies noch hinnimmt (denn natürlich spielen diese Stimmungen eine große Rolle, auch wenn dies sachlich nicht gerechtfertigt ist), sind Fragen nach den Spitzenpolitikern des Landes vollkommen unangemessen – und so geht es munter weiter. Die wirklich kommunalpolitisch interessanten Fragen sind deutlich in der Minderheit.

Wuwl: Wahlen 2008.

Die Kommunalwahl 2008 in Schleswig-Holstein steht bevor. Für uns hier in der holsteinischen Provinz heißt das zum Beispiel, dass der Kreistag sowie die Stadtvertretung neu gewählt wird. Gleichzeitig wird ein neuer Bürgermeister gewählt oder der bisherige in seinem Amt bestätigt.

In Eutin hat die CDU bei der letzten Wahl, 2003, die absolute Mehrheit der Mandate bekommen. Seitdem hat sie stoisch Politik zu fragwürdigem Nutzen betrieben, verdiente Ehrenamtliche vor den Kopf gestoßen, dem Stadtmarketing Eutins die finanzielle Grundlage entzogen, sich in der Schulpolitik gegen eine Mehrheit der Lehrer, Schüler und Eltern gestellt, Kinder und Eltern um einen großen Spielplatz betrogen und so fort.

Mit der Eutiner SPD treten wir an, die absolute Mehrheit der CDU zu brechen. Auch ich werde wieder für ein Mandat als Stadtvertreter kandidieren – meine Gründe sind hier nachzulesen.

Dass die CDU allein steht, ist schon daran zu ermessen, dass sich selbst der amtierende Bürgermeister in entscheidenden Fragen gegen die eigene Partei stellen muss, weil deren Positionen kaum vernünftig sind. Darüber hinaus wird es auch an einem zweiten Kennzeichen deutlich:

SPD, FWE und Bündnis'90/Grüne stehen zusammen für einen neuen Bürgermeister.

Bei der letzten Wahl hatte ich bereits einmal unter dem Stichwort »Wuwl« (»Wählen und wählen lassen«) berichtet; wenn ich die Zeit finde, werde ich es auch diesmal tun.