
Vorher:
Tag 1 –
Tag 2 –
Tag 3 –
Tag 4 –
Tag 5.
Früh aufstehen ist angesagt, denn heute löst Kind 2 ein Geburtstagsgeschenk ein – einen
Gang durch die Harry-Potter-Studios. Glücklicherweise darf ich mitkommen, sodass Kind 1 und die Herzallerliebste sich überlegen, den Tag stattdessen langsam angehen zu lassen und dann den
abgebrochenen canal walk von Tag 3 wieder aufzunehmen.
Zu zweit nutzen wir nun also schon ganz routiniert die üblichen Wege – Bus bis zur Holloway Road Station, dann die
tube, müssen einmal umsteigen, um zur Victoria zu gelangen, wo uns der Bus um 10 Uhr abholen wird: wir haben ein Komplettpaket gebucht, mit dem wir hin und zurück gebracht werden.

Gut eineinhalb Stunden dauert die Fahrt bis zu den ehemaligen Studios der Warner Brothers, in denen sich die Aussicht vom innerstädtischen Trubel über vorstädtische Tristesse bis zur Industriebrache wandelt. In dieser Zeit kann man ein wenig über die Einnahmen der Filmfirma nachdenken, die angesichts der Eintrittspreise (für uns beide inklusive Hin- und Rückfahrt beispielsweise gut 120 £, also um und bei 170 €!) und der Massen an Besuchern exorbitant sein müssen – zu schweigen von den Umsätzen mit Merchandising-Produkten im dazugehörigen Shop. Das Känguruh würde sicher einiges dazu zu sagen haben. Doch ich freue mich lieber, dass ich Kind 2 begleiten darf, das nun, da wir angekommen sind auf einem Parkplatz im Nirgendwo vor den Toren Londons, schon ein wenig Aufregung spüren lässt.

Die Eintrittskarten sind mit einem Timeslot versehen, in dem der Einlass möglich ist. Trotzdem müssen wir ein wenig warten, weil die Besucher in Schwüngen von um die 100 Personen eingelassen werden. Das steigert die Spannung, und man darf schon mal einen Blick auf Harrys Schrank unter der Treppe werfen. Die meisten der Besucher sind übrigens Erwachsene – und allenfalls die Hälfte haben ein oder mehrere Kinder zur Entschuldigung mitgebracht.

Wir werden eingelassen. Zunächst in einen Vorsaal, in dem nach einer kurzen mündlichen Einführung des
guides beidseitig eine Art Diashow mit Eindrücken aus den Filmen abläuft, dann in den Kinosaal, in dem ein Film gezeigt wird, in dem die Schauspieler_innen der drei Hauptcharaktere ihre Zeit in den Studios einordnen und dies immer wieder von besonderen Szenen aus den Verfilmungen ergänzt wird. Danach lässt die Tourleiterin ein Kind das Portal in die Große Halle öffnen – fertig eingedeckt für den Empfang der Schüler_innen Hogwarts’. Auch in diesem Teil erklärt der
guide noch viele Details, bevor er uns alle dann in die Halle entlässt. Von hier an bewegen sich alle Besucher_innen individuell, wir können uns also beliebig viel Zeit für einzelne Ausstellungsstücke nehmen (für uns ist nur wichtig, dass wir den Bus in drei Stunden wieder erreichen). In den zwei Hallen verläuft sich die Menge der Besucherinnen glücklicherweise auch ziemlich.

In den Hallen wird angesichts der Ausstellungsstücke Verschiedenes deutlich: man mag die Verfilmungen gegenüber den Büchern für vereinfacht halten (sie sind es zwangsläufig), das ganze Unternehmen ist ein kommerzielles und was derlei Kritikpunkte weitere sind – aber die Handwerker_innen, die diese Filme hergestellt haben, haben Außerordentliches geleistet. An keiner Stelle wurde geschludert, die kleinsten Details sind durchdacht und fast liebevoll umgesetzt.
In den Hallen sieht man Räume (beispielsweise den Schlafraum der Jungs, die Küche der Weasleys etc.) und Objekte aus den Filmen, Informationstafeln klären über Hintergründe und den Schaffensprozess auf, sodass der_die geneigte Betrachter_in auch abseits von Harry Potter viel über die Entstehung von Filmen lernen kann.

Zwischendurch kann man ein Butterbier (und anderes) zu sich nehmen – wir belassen es bei einem pro Person, obwohl es ausgewiesenen Süßmäulern durchaus mundet. Nach dem Fahrenden Ritter und Harrys Geburtshaus in Godric’s Hollow (in Originalgröße erbaut für ein paar kurze Szenen im Film) findet man in der zweiten Halle eine Ausstellung von Skizzen und Modellbauten, sodass der Prozess vom Buch zu ersten flüchtig skizzierten visualisierten Ideen, von diesen über Bilder, die Stimmungen ausprobieren sollten, und genaue technische Zeichnungen zum Modell in Papier und anderen Materialien, mit dessen Hilfe beispielsweise Kameraeinstellungen schon vorab geplant werden konnten, nachvollziehbar wird.

Zum Abschluss spaziert man dann noch durch die Winkelgasse. Das anschließende allerletzte Ausstellungsstück ist ein Raum, in dem die Regale bis zu denn Decken gefüllt sind mit Zauberstabschachteln wie bei Ollivanders – nur ist eine jede mit einem Etikett versehen, das genau einen Namen trägt, für jede_n Mitarbeiter_in des Films findet sich in den Regalen so eine Erinnerung.
Danach geht’s nur noch in den Shop, in dem es alles gibt, was des Fans Herz begehren mag. Die Entscheidungen fallen schwer (die Preise sind hoch, und selbst in Zaubererkreisen ist Geld ja nicht beliebig vermehrbar), letztlich geht aber kein Besucher ohne gefüllte Tasche nach Hause.
Lohnt es sich? Ja, für Kenner von Buch und Film durchaus – wer nur an Filmtechnik etc. interessiert ist, findet in einem beliebigen Filmmuseum ähnliche Informationen zu deutlich günstigeren Preisen. Wir fanden’s aber klasse und ich freue mich, dass ich das mit Kind 2 erleben durfte!
[
Update 3.11.2015: Das britische Fremdenverkehrsamt hat inzwischen eine
informative Seite zu den Drehorten der Harry-Potter-Filme veröffentlicht, auf die ich gern hinweise. (Ich betrachte das als verspätete Gegenleistung für große Mengen an Katalogen und Broschüren, die das Amt mir in früheren Jahren auf Anforderung schickte, obwohl es dann leider doch nicht für einen Urlaub dort gereicht hat.)]
Zu
Tag 7.