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Gelesen. Eco.

Umberto Eco: Der Friedhof in Prag. Übertragen von Burkhart Kroeber. München: Hanser, 2011.

Während Der Name der Rose und Das Foucaultsche Pendel hier geschätzte Belletristik darstellen, wird das Pendel im (besser: auf dem?) Friedhof nur variiert, ohne Neues zu liefern.

Gelesen. Binet.

Laurent Binet: Die siebte Sprachfunktion. Übertragen von Kristian Wachinger. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch, 2018.

Anspielungsreiche und häufig amüsante Räuberpistole um ein in den Wirren des Verkehrsunglücks Roland Barthes’ abhanden gekommenes Manuskript desselben im Milieu der Philosophie und Sprachwissenschaft, insbesondere der strukturalistischen Semiotik. Es treten auf: Michel Foucault, BHL (Bernard-Henri Lévy), Jean-Paul Sartre, Julia Kristeva, Philippe Sollers, Umberto Eco, John Searle, aber auch François Mitterrand und Giscard d’Estaing und andere; Themen sind neben der kriminalistischen Handlung die Auseinandersetzungen, eitlen Konflikte und Intrigen um die Modelle und Systeme der Beteiligten und der vorhergehenden Geistesgeschichte: Hermeneutik, Rhetorik, Epistemologie, Linguistik etc. Insgesamt aber überzeugt es mich weniger als das offensichtlich als Vorbild dienende Foucaultsche Pendel; es entbehrt nicht der Längen.

Gelesen. Eco.

Umberto Eco: Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers. Übertragen von Burkhart Kroeber. München: Hanser, 2011.

Hier jüngst auf den Titel gestoßen, der irgendwie meiner Aufmerksamkeit entgangen war. Rasch nachgeholt. Wie stets anregend und amüsant.

Gelesen. Gilman.

Charlotte Perkins Gilman: Herland. London: Vintage, 2015.

Frühe feministische Utopie (1915 veröffentlicht), gefunden in der hervorragend sortierten Buchhandlung Sam Read in Grasmere; @sreadbooks; siehe auch hier.

[Die letzten vier Einträge bilden die Urlaubslektüre ab; daneben Wordsworth-Tagebücher aus Grasmere und Eco-Aufsätze.]

Gelesen. Ben Jelloun.

Tahar Ben Jelloun: Sohn ihres Vaters. Übertragen von Christiane Kayser. Berlin: Rotbuch, 1986.

Nach sieben Töchtern entscheidet das Paar, dass die achte Tochter ein Sohn sein wird. Dieses Thema wird entwickelt in einem wild variierenden Gemenge äußerlich orientalisch anmutender Schmuckformen und formal moderner Dekonstruktion der erzählten Geschichte, vielstimmig, mit unterschiedlichen Enden, herausfordernd auch für geübte Leser_innen. –

Gelesen, weil der Autor schon lange auf der Liste zu lesender Autoren steht; aktueller Anlass irgendein Nachruf auf Eco, in dem dessen Verlagsgründung mit Ben Jelloun erwähnt wurde. –

Wie viel wir kulturell ignorieren, weil es nicht eingängig und vertraut aus den richtigen Ländern stammt.

Umberto Eco (1932–2016).

Natürlich, ein erfolgreiches Buch: als ich Der Name der Rose in meiner Schulzeit zum ersten Mal las, verstand ich nur einen Bruchteil – der allerdings gefiel mir außerordentlich; mit der Nachschrift zum Namen der Rose lernte ich einiges über die Machart sich als postmodern verstehender Kunst, aber auch Literatur schlechthin; das Konzept der Intertextualität erfuhr am eigenen Leibe, wer sich nach dem Namen der Rose Texte von Jorge Luis Borges besorgen musste.

Später kamen Essaysammlungen und auch theoretische Schriften hinzu, etwa in der Sammlung Apokalyptiker und Integrierte, die mir nach wie vor einen Schlüssel zum Verständnis so mancher gesellschaftlichen Phänomene darstellt, später, das Studium vorbereitend, auch seine semiotischen Klassiker, Sprachwissenschaftliches.

Mit seiner Offenheit für die Untersuchung unterschiedlichster Niveaustufen kulturellen Schaffens – egal ob E oder U – nahm Eco schon früh die Bedeutung dessen vorweg, was heute als Popkultur gilt, ohne sich dieser allerdings anzubiedern oder den Unterschied zu highbrow-Kultur zu verwischen. Comics gehörten ebenso selbstverständlich zum Rezipierten, und sie wurden ebenso klug analysiert und gedeutet wie Manzonis Die Verlobten.

Das Foucaultsche Pendel kaufte ich natürlich auch sofort; die Beschreibung der Funktionsweise der vanity press gehört zur Pflichtlektüre zum Verständnis eines Teils des Verlagswesens; und was wir dort über die Funktionsweise von Verschwörungen und die Gefährlichkeit der an sie Glaubenden und zu allem Bereiten lesen, ist nach wie vor gültig und wichtig, um klaren Kopf behalten zu können im Geschrei.

Nach dem Pendel allerdings schwand so gemächlich der Genuss beim Lesen von Ecos Romanen; einen verpasste ich ganz & gar und entdeckte ihn erst zufällig. Dass einer hier gar noch ungelesen liegt, ist allerdings auf jeweils andere aktuelle Lektüren zurückzuführen und wird bei Gelegenheit korrigiert.

In verschiedenen Texten – mehr oder weniger literarisiert – Erinnerungen an die Kindheit, aus der Sicht des Kindes miterlebte Kämpfe gegen die Faschisten (ohne das kindliche Mitlaufen zu verharmlosen), Partisanentradition.

Ein Guter ist tot.

Gelesen. Eco.

Umberto Eco: Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana. München: Hanser, 2004.

Dieser Eco-Roman war mir bislang entgagen – nun stieß ich auf ihn, weil er in irgendeinem Sekundärtext zu Comics erwähnt wurde. Der Protagonist behandelt seinen unfallbedingten Gedächtnis- und Identitätsverlust, indem er durch die Lektüre seiner Kinder- und Jugendliteratur (mithin meistenteils Comics und Triviales) seine Erinnerung wiederzufinden versucht.

»In den nächsten Tagen fragte ich mich, wie gespalten das Ich eines Kindes gewesen sein mußte, das den Nachrichten von nationaler Glorie ausgesetzt war und gleichzeitig über den Londoner Nebel phantasierte, in dem es Fantomas begegnete, der sich mit Sandokan schlug, in einem Hagel von rostigen Nägeln, die den wohlerzogen-perplexen Landsleuten von Sherlock Holmes die Brust durchbohrten und die Arme und Beine abtrennten – und nun erfuhr ich, daß mir in denselben Jahren das Radio als Lebensideal einen wenig anspruchsvollen Buchhaltertyp präsentierte, der nur vom stillen Glück eines Häuschens im Grünen träumte.« (Ebd., 188)

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