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Fridays for Future · Korrekturen · Dinesen · Topinambur · SET.

In der Woche immer mal wieder über die Fridays for Future nachgedacht, die ja auch in den Lehrerblogs unterschiedlich aufgenommen wurden. Für uns in der Außenstelle ist das Thema nicht existent, denn unsere Schüler*innen sind Auszubildende – unerlaubtes Fernbleiben vom Unterricht kann sie ihren Ausbildungsplatz kosten.

In anderen Schulen wird das anders sein, weil den Schüler*innen mögliche Konsequenzen nicht so deutlich sind oder diese als nicht so wahrscheinlich, vielleicht auch nicht so bedrohlich wahrgenommen werden. Indem sich Schulleitungen und Lehrkräfte – hierzulande per Brief aus dem Ministerium noch einmal an ihre Pflicht erinnert – Verhältnismäßigkeit wahrend, aber trotzdem eben disziplinierend gegen die Schüler*innen stellen müssen, handeln sie genau so, wie es ihnen von Greta Thunberg und ihren Mitstreiter*innen vorgeworfen wird: die Verhältnisse durchaus erkennend, aber nicht folgerichtig handelnd.

Es wird kritisch, wenn Schüler*innen sich auf Dauer von Ermahnungen nicht vom Schulstreik abhalten lassen, nicht mehr selbstverständlich akzeptieren, dass wir Lehrkräfte ihnen sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Die Frage ist, ob Schulen, die ihre Schüler*innen ziehen lassen müssen, nicht eigentlich einen hervorragenden Job gemacht haben, weil die Schüler im Erkennen einer für sie fatalen Entwicklung Prioritäten anders setzen als zuvor.

What would Greta do? ist momentan eine nicht nur für das private Handeln entscheidende Frage, weil die an Gruppenbildung gar nicht interessierte Initiatorin einer größer werdenden Gruppe von meist Gleichaltrigen aus der Kenntnisnahme von Fakten eine moralisch sichere Haltung entwickelt hat, der schwer etwas entgegenzusetzen ist. –

Dieses Wochenende gehörte mal wieder den Korrekturen (Lernfelder 1 und 2 bei den Buchhändler*innen, Politik und EDV bei den Immobilienkaufleuten).

Nur kurz mal aufgetaucht, um bei Herrn Rau, der die Seven Gothic Tales von Isak Dinesen gelesen hat, zu kommentieren:

Habe mir das Buch vor einigen Jahren mal gekauft (und zwar anlässlich des Kopenhagen-Aufenthaltes), weil ich beim Stöbern im Angebot der Folio Society darauf stieß und derzeit keine Übersetzung lieferbar war. Die bislang gelesenen Geschichten (habe erst vier geschafft, wie mein Lesezeichen verrät) haben mich etwas ratlos zurückgelassen. Das Lesen war anstrengend, denn ich habe viele englische Wörter nachschlagen müssen, weil ich sie nicht nur nicht 1:1 übersetzen konnte, sondern sie definitiv noch nie gesehen habe. – Was mich ganz naiv am meisten beeindruckt hat: dass sich jemand in einer Fremdsprache so artikulieren kann, dass tatsächlich Stilähnlichkeiten zu bestimmten Epochen bzw. Erzählweisen erkennbar werden. – Bemerkst Du als Anglist flaws in Dinesens Ausdruck? –

Außerdem habe ich natürlich den obligatorischen Wochenendlauf absolviert.

Sabine hat einen Topinambur-Gratin (aus Ernteanteil) nach einem Rezept aus Hugh Fearnley-Whittingstalls Täglich vegetarisch zubereitet; statt Thymian hat sie Zatar verwendet, dass ich letztens aus dem syrischen Laden mitbrachte, nachdem ich auf irgendeinem der vielen Kochblogs davon gelesen hatte.

Heute nachmittag dann letzte Vorbereitungen für den Schulentwicklungstag morgen, der unter dem Titel »Digitalisierung« steht und bei dem ich einen kleinen Workshop zu Wikis und Blogs leite.

Das iPad und ich.

In unserer Außenstelle haben wir den Beamern in den Klassenzimmern zu Weihnachten AirPlay-Fähigkeiten geschenkt, zudem sind wir Lehrkräfte eingeladen, uns mit den neuen schuleigenen iPads als Arbeits- und Präsentationswerkzeug auseinanderzusetzen.

Meinen echten Computer habe ich auch durch Rumprobieren bedienen gelernt, daher ist das auch mein Plan fürs iPad. Die Experimentierphase mit Gewöhnungsprozess möchte ich durch diesen (und möglicherweise folgende) Artikel begleiten und betone, dass es mir nicht um die grundsätzliche Eignung geht, sondern um die Eignung für mich (bzw. meine Eignung für die iPads; Moderne Zeiten etc.). Ich weiß, dass es eine Menge Kolleg*innen gibt, die mit dem iPad hervorragende Arbeitsergebnisse erzielen.

Als Stadtvertreter hatte ich schon einmal ein iPad (bis iOS 11) zur Ausleihe, dies diente der Stadt in erster Linie dazu, die Sitzungsunterlagen für Ausschüsse und die Stadtvertretung nicht mehr ausdrucken und per Bote in Papierform bringen lassen zu müssen; es sparte insofern Personalstunden, vor allem aber sehr viel Papier. Ich habe neben den Sitzungsunterlagen in der Allris-App beispielsweise Redebeiträge zunächst per Evernote, später per DS Note, andere Dokumente per Dropbox dabei gehabt. Ansonsten habe ich das iPad wenig genutzt; auch die genannten Dokumente habe ich auf meinem MacBook erstellt.

Was ich am iPad sehr schätze, ist die Qualität der Hardware und die Ästhetik der Benutzeroberfläche: hier bin ich aus dem Mac-Bereich an einen Standard gewöhnt, den ich nicht missen möchte. Allerdings handelt es sich gerade im letzteren Fall im Grunde um einen false friend, denn es ist trotz ähnlichen Aussehens vieles grundsätzlich anders, wenn man mit dem Apple-Tablet arbeiten will.

Jörg Kantel, der seit dem Jahr 2000 das Weblog Der Schockwellenreiter betreibt, schrieb 2010:

Das iPad ist […] kein Computer im Sinne einer Universalmaschine mehr, sondern eine Abspielplattform für die Inhalte der Medienkonzerne. Das iPad macht aus dem Two-Way-Web wieder eine Einbahnstraße und zwar eine, für deren Nutzung gezahlt werden muss.

Acht Jahre später gibt es zwar viele Apps, die die Kreativität der Nutzer*innen auf vielfältige Weise befördern. Sie alle aber unterliegen den gesetzten Restriktionen der Plattform: und das ist eine geschlossene. Ist die Hardware geradezu erstaunlich leistungsfähig, bleibt das iPad software-, genauer: betriebssystembedingt im Vergleich zu einem echten Computer so etwas wie Facebook in Bezug auf das Internet: ein walled garden, der die Illusion von Nutzersouveränität erzeugt, wo doch nur in sehr engen Bahnen gestaltet werden kann. Das heißt nicht, dass das iPad ein schlechtes Gerät ist – es heißt nur, dass man sich bewusst sein muss, was möglich ist und was nicht. Wer beispielsweise mit dem Dateisystem eines klassischen Computers nicht zurecht kommt (und das ist in allen Generationen ein erstaunlich großer Anteil an Nutzer*innen), kann mit dem in Anwendungen organisierten System des iPad erleichtert tätig sein. Wer aber am Mac arbeitet, weil dieser einerseits eine schöne und funktionale Oberfläche hat, andererseits aber eben auch ein UNIX-Rechner mit all dessen Möglichkeiten ist, wird am iPad verzweifeln (oder muss ein für allemal akzeptieren, dass das iPad von echten Rechnern so verschieden ist wie die Waschmaschine).

Mit dem iPad neu zu lernen ist die Art der Interaktion. Dabei ist weniger wichtig, ob es der Finger oder der Stift ist, den man nutzt: wichtiger sind die Gesten und App-internen (nach meinem Gefühl nicht immer standardisierten) Befehle, beispielsweise um Multitasking auch auf dem Bildschirm sichtbar werden zu lassen.

Meine Folien erstelle ich in LaTeX, das Produkt sind PDFs, die ich bislang vom MacBook im Vollbildmodus der jeweiligen App (meist Skim) auf den Beamer bringe. Per iCloud oder Dropbox wird die Datei auf das iPad gebracht, wo ich in der Adobe-Reader-App auf dem iPad eine ganze Zeit lang nach einem Menübefehl gesucht habe, der mich die Datei im Vollbildmodus anzeigen lässt. Lange. Sehr lange. Nicht nur ich befürchtete inzwischen, dass ich alle PDFs ins Keynote-Format wandeln müsste (was man ja vielleicht automatisieren könnte, aber andere Nachteile mit sich bringt), um sie im Vollbild zeigen zu können. Mehr oder minder zufällig tippte ich in der Reader-App schließlich auf das Abbild der Folie selbst – schwupp: Vollbild.

Ja, ich hätte es wissen können: in der Foto-App funktioniert es genauso. Mir geht es hier darum, dass der Umgang mit dem iPad vermutlich umso einfacher ist, je weniger man vorher mit Rechnern zu tun hatte: denn was auf welche Weise funktioniert, ist grundsätzlich anders als unter macOS (oder Windows, geschweige denn Linux) und auch nach wie vor noch im Fluss: bestimmte Bedienelemente wurden noch in der vorigen Systemversion durch ein Wischen von unten nach oben aus der Mitte des Screens aufgerufen, nun bedarf es eines Wischens von oben nach unten in der rechten Ecke. Das muss gelernt und geübt werden.

Es gibt ein großes Angebot miteinander konkurrierender Programme für alle möglichen Zwecke, die aber alle eher nicht auf die Nutzung standardisierter nichtproprietärer Speicherformate hin optimiert sind. Zudem möchte jede App für sich eine eigene Hierarchie für die Ordnung der Dokumente erzeugen, was iPad-historisch auf das Fehlen eines sichtbaren Dateisystems zurückzuführen, seit iOS 12 aber nicht mehr notwendig ist. Auch hier zeigt sich der Drang, die Nutzer*innen eher an die eigene App zu binden als einen problemlosen Austausch über App-, Betriebssystem- oder Gerätegrenzen zu gewährleisten. Das missfällt mir, denn im Zweifelsfall kann ich auf dem iPad erarbeitete Inhalte so anderswo nicht (wieder) nutzen.

Völlig neu ist für mich das Nutzen von Handschrift in Apps wie Goodnote, deren Bildschirminhalt dann als Tafelersatz fungieren oder gar erkannt und in gedruckten Text umgewandelt werden kann. Ist die Handschriftenerkennung für das, was ich Druckschrift nenne, noch einigermaßen verlässlich, versagt sie im Falle tatsächlicher Handschrift. Auch das kann persönliche Gründe haben.

Laufen, Kramp-Karrenbauer, Digitalisierung.

Heute vormittag nach dem Frühstück durch den Regen gelaufen, windig war’s auch, und so mancher Weg von Forstmaschinen so aufgewühlt, dass ich die richtige Abzweigung verpasst habe, mich inmitten von Matsch, querliegenden Baumstämmen und einer Menge Astwerk wiederfand, zwischendurch stolpernd im Modder landete (zum Glück ja weich). All das ziemlich lahm und für einen Wochenendlauf auch eher zu kurz, was der geringen Erholungszeit seit dem letzten Lauf zuzurechnen ist, aber morgen ist keine Zeit zum Laufen, denn wir bereiten mit den Nachbarn das traditionelle gemeinsame Winteressen.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat es geschafftdas hatte ich nicht erwartet. Wenn die von Merkel als Generalsekretärin nominierte Kandidatin das Rennen um den Parteivorsitz macht, zeigt es, dass jene ihrer Partei offenbar nicht, wie zuweilen behauptet, davongeeilt ist, sondern dass sich die CDU mit ihr gewandelt hat. Umso erstaunlicher das relativ starke Abschneiden ihres Konkurrenten, der in den letzten Jahren zwar bewiesen hat, dass er für seine eigenen Interessen arbeiten kann, nicht aber, dass er auch nur im Geringsten Kompetenzen besitzt, die im politischen Geschäft von Belang sind. Für die SPD wäre Merz ein deutlicher Antipode gewesen; mit Kramp-Karrenbauer wird sie es schwerer haben (von den selbst gemachten Problemen ganz abgesehen).

In der Schule arbeiten wir an der Fortentwicklung der Digitalisierung: durch die Vorbereitung eines Schulentwicklungstages zum Thema, aber auch durch verbesserte technische Ausstattung in unserer Außenstelle. Wer Lehrkräften vorwirft, sie seien zu unbeweglich und zu unmodern und würden die Digitalisierung deshalb nicht vorantreiben, weiß nicht, welche Bedingungen das Ganze mit beeinflussen – von der Verzögerung bis hin zur Verhinderung. Da spielen sehr unterschiedliche Auslegungen des Datenschutzrechts in unterschiedlichen Ländern eine Rolle, verschiedene Maße an Unterstützung durch Ministerien und Lehrerbildungsinstitute, die durchs Land und durch die Schule beauftragten Dienstleister für EDV-Fragen, die Schulträger (und es gibt Schulen mit mehr als einem Träger, die selbstverständlich auch unterschiedliche Auffassungen über Notwendigkeiten haben können), fehlende nichtpädagogische technische Fachkräfte in der Schule und so fort. Vor diesem Hintergrund sinnvolle Konzepte zu erdenken und auch umzusetzen ist nicht einfach. All das machen Lehrkräfte übrigens nebenbei, weil das Ministerium annimmt, das könnten Schulen selbst am Besten. (Letzteres ist nicht immer so, und manches Mal bräuchte man mehr Möglichkeiten des Rückgriffs auf fertige Lösungen zur Auswahl; andererseits schätzen wir Selbständigkeit, wo sie gegeben ist. Es ist kompliziert.)

Wie geht’s weiter mit der Schule? (5)

Wahrscheinlich ist es das Alter.

Wenn ich die Diskussionen um den Vorschlag der Bundesbildungsministerin, viel Geld für technische Ausstattung in die Hand zu nehmen und auszugeben, so lese, dann fällt mir auf, wie wenig mich die Argumente für und wider noch interessieren. (Ja, die Investitionen sind nötig, möglicherweise sollte endlich das Kooperationsverbot fallen, nein, wenn WLAN installiert wird, sind die Schultoiletten nicht sauberer, das Mobiliar immer noch rott und die Wände versparkt. – Die greisen Lehrervertreter wollen das Geld nicht, weil es Das Böse in die Schulen bringen könnte, die Digitalisierungsapologeten fürchten um ihren Alleinvertretungsanspruch, ihre Exklusivität. Und so weiter. Ja, und so fort.) Das mag – Alter, eben! – damit zusammenhängen, dass ich sie so oder ähnlich schon viele Male gehört habe. Vor allem aber damit, dass sie in ihrer Pauschalität meist ebenso falsch sind wie diese Aussage.

Jede Meinungsäußerung geht vom ureigenen Standpunkt aus, verabsolutiert ihn und sieht nicht die hundertdrei anderen möglichen. Das eigene Fachwissen und die Vertrautheit mit der je eigenen Situation (die Frau Wanka nun einmal nicht kennen kann, und dann können wir ihr mal so richtig zeigen, wie beschränkt so eine Bundesministerin ist und wie unterschätzt und großartig Die Unbekannte Lehrkraft) werden zur Waffe, an deren Macht wir uns berauschen. Dann wird berechnet, wie wenig Geld mehrere Milliarden sind, wenn wir sie auf einzelne Schüler_innen umrechnen – und das gar als ernsthaftes Argument gegen die Investition betrachtet.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass den Schulen das Geld schaden wird. Wenn Ihr es nicht wollt, werdet Ihr es nicht nehmen müssen. Wenn es Geld für unsere Schule gibt, werde ich probieren, etwas für unsere Abteilung abzubekommen und es nach Beratung mit den Kolleg_innen sinnvoll auszugeben. Wir stehen technisch schon ganz gut da. Aber wir könnten noch besser sein. Wir werden auch mit diesem Geld (wie mit früher ausgegebenem) etwas gestalten, was sich in der Praxis bewähren muss. Wir werden uns die Ergebnisse ansehen: mit einigen Lösungen werden wir scheitern, anderes wird echte Verbesserungen bringen. Und so geht’s wieder von vorn los – wir kennen das doch alle vom täglichen Unterrichten, oder nicht?

Mann, Mann, Mann.

Aber wahrscheinlich ist es das Alter.