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Gelesen. Ziegler.

Ulf Erdmann Ziegler: Nichts Weißes. Berlin: Suhrkamp, 2012.

Marleen ist Legasthenikerin. So entgeht ihr möglicherweise der Sinn des Geschriebenen, doch die Gestalt der Buchstaben und die Form der Wörter auf dem Weiß des Papiers werden ihre Profession. Strotzt vor Anspielungen auf Verlags- und Buchherstellungsbranche und zeichnet nebenbei ein Bild der Gesellschaft der letzten Jahrzehnte. Wenn auch nicht groß, gefällt es doch.

Gelesen. Flašar.

Ausschnitt aus BuchseiteMilena Michiko Flašar: Herr Katō spielt Familie. Berlin: Wagenbach, 2018.

Hat mich leider nicht so überzeugt wie Ich nannte ihn Krawatte.

Das Leseerlebnis war auch getrübt durch fragwürdige Typografie: laut Impressum gesetzt in der »Janson BQ«, über die ich keine verlässlichen Informationen im Netz gefunden habe, wirkt die Druckseite unangenehm unruhig, was vor allem an der Form des kleinen e – des im Deutschen häufigsten Buchstaben – liegt: es wirkt in seiner breiten Ausgestaltung fast oval, was im Kontext der anderen Buchstaben, die eher schmal und hoch ausgerichtet sind, als unpassend stört (siehe nebenstehenden Ausschnitt, zum Beispiel mittig das Wort »verblasste«). Im Falle der »normalen« Janson scheint mir dieses Missverhältnis nicht zu bestehen.

Fürstenfelde.

Erfolgreiche Bücher, erzählt man, seien auch auf piratischen Seiten herunterzuladen. Mir tut das leid (für die Herunterlader), denn es macht natürlich viel mehr Laune, das echte Buch zu lesen. Saša Stanišić reagiert auf die Situation bezüglich seines Romans Vor dem Fest folgendermaßen –



– und eröffnet das zum Buch gehörige Blog. Mir ist das sympathisch.

(Ansonsten hoffe ich natürlich, dass Luchterhand den Setzfehler der ersten Auflage, (außer im ersten Kapitel) statt echter Kapitälchen falsche zu nutzen, beizeiten repariert. Ein wesentlicher Grund für das gedruckte Buch ist die Herstellungsqualität, zu der auch die Einhaltung typografischer Standards gehört …)

Gelesen. Tufte.

Edward R. Tufte: Envisioning Information. Cheshire: Graphics Press, 1990.

Tuftes Bücher sind ein Genuss. Zwei Gründe gibt es hierfür:

Inhaltliche: seine langjährige Erfahrung als Professor in Yale ermöglicht ihm, aus einem großen Fundus unterschiedlichster Abbildungsquellen zu schöpfen. Diese objets trouvées werden kombiniert mit eigenen Grafiken, mit denen er seine Ausführungen belegt.

Gestalterische: seine Bücher sind vorbildlich gestaltet: Typographie, Format, Einband, Umschlaggestaltung – all das fügt sich zu einem harmonischen, dabei modernen Ganzen.

Zu diesem – Envisioning Information (hier Beispielseiten aus dem Buch) – speziell: es geht um die möglichst einfache Darstellung komplexer Daten in graphischer Form. Ob dies nun an einem 1937 gezeichneten Eisenbahnfahrplan für die Strecke Soerabaja–Djokjakarta oder an einer Übersichtstabelle für die Zeichengebung eines ein landendes Flugzeug einweisenden Lotsen demonstriert wird: immer zeigt Tufte überzeugend , dass für Informationsvermittlung entscheidend ist, alle Störquellen (schlechte Visualisierung, störende Typographie, unnötige Gestaltungselemente) auszuschalten und sich auf die Betonung des eigentlich Wichtigen zu konzentrieren. Über Erkenntnisse aus der Wahrnehmungspsychologie ("1+1=3") verdeutlicht er die Notwendigkeit der Schlichtheit, zeigt aber auch, dass komplexe Grafiken mehr als nur einen Blick – nämlich die aktive Mitarbeit des Lesenden – brauchen, um erfasst zu werden.

Die Typographie des Buches folgt den dargestellten Grundsätzen: Eine breite Hauptspalte jeweils links auf jeder Seite enthält den in der Bembo gesetzten Text, der konzentriert, aber klar die Grundsätze der Visualisierung von Informationen an Beispielen darlegt. Unterstützt wird dies von Abbildungen, aber auch von einer kleiner gesetzten Marginalienspalte, in der Quellen und weiterführende Literatur aufgeführt und zum Teil eingeordnet und besprochen werden.

Ein die Beschäftigung mit ihm lohnendes Buch!

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