Schule und Zensuren.
Wenn Lehrer eines schönen Tages irgendwann einmal von der Bürde des Zensurenerteilens befreit werden und nur noch unterrichten dürfen, werde ich ein Hallelujah gen Himmel schmettern.
S (bedeutet wie stets hier »Schülerinnen und Schüler« in sämtlichen Flexionsformen) wollen in diesen Tagen über Zensuren diskutieren, die sie verdient haben oder auch nicht, und es ist mir sehr unangenehm: akzeptieren die S die gegebene Zensur (die immer zu schlecht ist) nicht, gebärden sie sich muffelig-renitent und es bedarf großer Anstrengungen, um ihre Motivation künftig wieder zu erwecken. Nehmen Sie das schlechte Urteil an in Ergebenheit ans Schicksal und in Akzeptanz ihres Ungenügens, ist es mindestens ebenso unangenehm, denn ich habe ihrer Selbstachtung einen weiteren Schlag versetzt und weiß das. Manchmal wissen sie auch, dass ich das weiß. Und entschuldigen sich in ihren Blicken dafür.
Schlecht ist auch, dass Zensuren so viel glattbügeln: es gibt S, die bringen im Halbjahr ein bis zweimal ganz hervorragende Leistungen - entweder gemessen am Klassenniveau oder aber auch im Vergleich zu ihren sonstigen Ergebnissen. Im Durchschnitt, selbst wenn er pädagogisch positiv gewichtet wird, verschwinden diese Leistungen aber ganz. Ich habe dann korrekt bewertet – ein schaler Beigeschmack bleibt.
Der Verweis auf die Relevanz unterrichtlichen Mittuns im Hinblick auf die Halbjahresnote ist auch deshalb wenig sinnvoll, weil diese - wie eben dargestellt - so wenig mit den konkreten Leistungen zusammenhängt: sie ist ein arithmetisches, ggf. gewichtetes Mittel, keine direkte Rückmeldung. Die direkte Rückmeldung hinwiederum zieht ihre Berechtigung in erster Linie aus ihrer Bedeutung für die Gesamtnote am Halbjahresende: sie wird häufig nicht als Rückmeldung verstanden.
Bei alledem ist die Rückmeldung für S viel zu wenig konkret, zu unverbindlich, zu wenig zielführend. Benote ich Referate, kann ich dies mithilfe eines Rasters sehr detailliert tun – das Wesentliche bleibt häufig ungesagt, weil es im unterrichtlichen Zusammenhang nicht angemessen wäre, zu sehr ins Persönliche geht, zu sehr bilden könnte, wenn es denn richtig angenommen werden könnte. Hierfür – also auch die Verwerfungen aufzufangen, die eine solche Kritik haben kann – ist aber gar nicht die Zeit im Schulalltag. Deshalb begegnen mir auch noch in der Berufsausbildung S, die inzwischen einen »Horror vor Referaten« haben, weil sie unberechtigte, ungenaue oder nicht verarbeitete Kritik einstecken mussten, und solche, die noch nie überhaupt eine Schulung diesbezüglich bekommen zu haben scheinen.
Wäre der L vom Zensieren entlastet, wäre den S deutlicher, worum es geht: da vorne steht jemand, der eine Menge weiß und kann, was mir hilft, auf meinem Weg, mit meinem Ziel besser zu werden. Hierfür nehme ich ihn in Anspruch: ich verberge nicht mein Nichtwissen, ich zeige es ihm, damit gemeinsam daran gearbeitet werden kann. Er wird mich nicht benoten (das tun andere), sondern mich trainierend unterstützen, eine bestmögliche Note erreichen zu können.
Lehren und Leistungsmessung zu trennen könnte eine gute Sache sein. Oder?
S (bedeutet wie stets hier »Schülerinnen und Schüler« in sämtlichen Flexionsformen) wollen in diesen Tagen über Zensuren diskutieren, die sie verdient haben oder auch nicht, und es ist mir sehr unangenehm: akzeptieren die S die gegebene Zensur (die immer zu schlecht ist) nicht, gebärden sie sich muffelig-renitent und es bedarf großer Anstrengungen, um ihre Motivation künftig wieder zu erwecken. Nehmen Sie das schlechte Urteil an in Ergebenheit ans Schicksal und in Akzeptanz ihres Ungenügens, ist es mindestens ebenso unangenehm, denn ich habe ihrer Selbstachtung einen weiteren Schlag versetzt und weiß das. Manchmal wissen sie auch, dass ich das weiß. Und entschuldigen sich in ihren Blicken dafür.
Schlecht ist auch, dass Zensuren so viel glattbügeln: es gibt S, die bringen im Halbjahr ein bis zweimal ganz hervorragende Leistungen - entweder gemessen am Klassenniveau oder aber auch im Vergleich zu ihren sonstigen Ergebnissen. Im Durchschnitt, selbst wenn er pädagogisch positiv gewichtet wird, verschwinden diese Leistungen aber ganz. Ich habe dann korrekt bewertet – ein schaler Beigeschmack bleibt.
Der Verweis auf die Relevanz unterrichtlichen Mittuns im Hinblick auf die Halbjahresnote ist auch deshalb wenig sinnvoll, weil diese - wie eben dargestellt - so wenig mit den konkreten Leistungen zusammenhängt: sie ist ein arithmetisches, ggf. gewichtetes Mittel, keine direkte Rückmeldung. Die direkte Rückmeldung hinwiederum zieht ihre Berechtigung in erster Linie aus ihrer Bedeutung für die Gesamtnote am Halbjahresende: sie wird häufig nicht als Rückmeldung verstanden.
Bei alledem ist die Rückmeldung für S viel zu wenig konkret, zu unverbindlich, zu wenig zielführend. Benote ich Referate, kann ich dies mithilfe eines Rasters sehr detailliert tun – das Wesentliche bleibt häufig ungesagt, weil es im unterrichtlichen Zusammenhang nicht angemessen wäre, zu sehr ins Persönliche geht, zu sehr bilden könnte, wenn es denn richtig angenommen werden könnte. Hierfür – also auch die Verwerfungen aufzufangen, die eine solche Kritik haben kann – ist aber gar nicht die Zeit im Schulalltag. Deshalb begegnen mir auch noch in der Berufsausbildung S, die inzwischen einen »Horror vor Referaten« haben, weil sie unberechtigte, ungenaue oder nicht verarbeitete Kritik einstecken mussten, und solche, die noch nie überhaupt eine Schulung diesbezüglich bekommen zu haben scheinen.
Wäre der L vom Zensieren entlastet, wäre den S deutlicher, worum es geht: da vorne steht jemand, der eine Menge weiß und kann, was mir hilft, auf meinem Weg, mit meinem Ziel besser zu werden. Hierfür nehme ich ihn in Anspruch: ich verberge nicht mein Nichtwissen, ich zeige es ihm, damit gemeinsam daran gearbeitet werden kann. Er wird mich nicht benoten (das tun andere), sondern mich trainierend unterstützen, eine bestmögliche Note erreichen zu können.
Lehren und Leistungsmessung zu trennen könnte eine gute Sache sein. Oder?
Kommentare
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Lisa Rosa am :
Diese Modelle sind auch in der Berufs[fach]schule/Erwachsenenbildung möglich: Portfolio statt Zensurenzeugnis, Projekt(selbst)bewertung usw.
Hanjo am :
ENJA am :
Das Erteilen von Noten muss nicht notwendigerweise an den dämonischen Notendruck gekoppelt sein. Portfolio und Einschätzungen in Form von Texten scheinen sinnvoll, sind jedoch nicht immer zu bewältigen. Beobachtungen zeigen, dass man dann am Ende eines Schuljahres fast nur noch am Textverfassen ist und im schlimmsten Fall der Unterricht leidet.
Außerdem zeigt sich doch auch (Allerdings habe ich gerade nicht den Beleg bei der Hand), dass S irgendwann nach Noten verlangen. Sie wollen zwar sich, aber auch den Vergleich zu den anderen S. Gibt es jahrgangsübergreifenden Unterricht, dann muss der Vergleich auch nicht zur Konkurrenz werden.
Vermutlich ist ein Ideal aus Notengebung und Einschätzungen anderer Art zu konstruieren, wobei nicht nur in Schule klar sein muss, dass die Worteinschätzung große Gewichtung haben sollte.
Das velangt allerdings nach einem Umdenken in größeren Kreisen; und das fällt gar nicht so leicht, schließlich ist das verbunden mit Anstrengung, dem Einlassen darauf und Freude am anderen.
mona lisa am :
Aber, mal ganz ehrlich, wer möchte schon zu Lebzeiten im Himmel leben - wäre das nicht die Hölle auf Erden?
teacher am :