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Bücher lesen in der Schule.

In Schleswig-Holstein werden die Schüler*innen in der Oberstufe der Beruflichen Gymnasien (ähnlich, meine ich, in den allgemeinbildenden) im Fach Deutsch auf das Abitur vorbereitet, indem sie in der Qualifikationsphase (12. und 13. Jahrgang) in Korridorthemen unterrichtet werden, die jeweils einem Halbjahr zugeordnet sind, wenn sie dieses auch nicht allein bestimmen sollen; im letzten Durchgang waren diese Themen beispielsweise bestimmt durch Schillers Die Jungfrau von Orleans, Kästners Fabian und Lyrik aus den Jahren von 1945 bis 1989. Darf man den Erfahrungen und Berichten trauen, hat dies im Allgemeinen zur Reduzierung gelesener Bücher geführt, weil die Kolleginnen und Kollegen ihre Schüler*innen möglichst gut vorbereiten wollen – und da wird im Zweifelsfalle mehr vom Gleichen (also auf das Korridorthema Bezogenem) als besser angesehen als früher zuweilen geübte Variation.

Für den 11. Jahrgang gilt dies noch nicht, und daher werden wir – nach einer Einheit zu Kurzprosa samt Klausur (deren Korrektur die letzten Wochenenden gehörten) einige unterschiedliche Bücher lesen: aus einer Liste von Vorschlägen deutschsprachiger Literatur, die zumindest über Umwege (ähem) einen Bezug zu den Lehrplanthemen »Literatur des 20. Jahrhunderts am Beispiel epischer und lyrischer Texte« und »Texte zu Identität und jugendlicher Lebenswelt« haben und aus welchen Gründen auch immer literarisch interessant sind, bitte ich die Schüler*innen, sich im optimalen Falle zu dritt ein Buch auszusuchen, das sie dann gemeinsam lesen, bearbeiten und den anderen Schüler*innen präsentieren.

Aufgabe wird sein, das Buch in einem halbstündigen Event vorzustellen (dann schaffen wir in der Vorstellungsrunde zwei pro 90-Minuten-Stunde, da ja auch ein bisschen über die Bücher und die Präsentation parliert werden soll). Es soll eine lebendige Präsentation, kein Bla-Referat sein.

Für die Inhalte wird es gelenkt gemeinsam entwickelte Kriterien geben, die die Schüler*innen beachten sollen.

Die Arbeit wird mindestens teilweise in den Unterrichtsstunden stattfinden, sodass auch Unterstützung und kritische Begleitung durch die Lehrperson möglich sind.

Die Präsentation plus Begleitpapier stellen eine Klausurersatzleistung dar; sie werden in dem letzten Stunden des Kurses vor den Weihnachtsferien stattfinden.

Ich würde das Ganze nicht mehr »Buchvorstellung« nennen wollen, sondern irgendeine Bezeichnung suchen, die auf den Kern des Ganzen eingeht, so à la »Gruppendynamische Lektüreexegese«, nur in hübsch.

Im eA-Kurs werde ich, weil wir mehr Unterricht und damit mehr Zeit haben, vorher noch die gemeinsame kursorische Lektüre von Wedekinds Frühlings Erwachen einschieben.

Die Auswahlliste ist hier; ich freue mich über Vorschläge weiterer Titel, gerade auch für die Jahrzehnte, in denen noch nicht so viele Bücher verzeichnet sind.

Trackbacks

too-much.info am : PingBack

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ats20.de am : Gelesen. Arenz.

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Ewald Arenz: Der große Sommer. Köln: DuMont, 2021. Auch hier, wie bei Alte Sorten, Kitschgefahr, doch handwerklich gut gemacht und mit stimmigen Passagen. Schülerlektüre.

ats20.de am : Gelesen. Bjerg.

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Bov Bjerg: Auerhaus. Berlin: Aufbau, 2015. Video samt Song kennen MTV-Geimpfte natürlich. Heutige Leser*innen aber nicht unbedingt. Ebenfalls Schullektüre.

ats20.de am : Gelesen. Uhlman.

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Fred Uhlman: Mit neuem Namen. Übertragen von Felix Berner. Stuttgart, DVA, 1985. Geschichte einer Freundschaft zwischen Hans Schwarz, einem jüdischen, und Konradin Graf von Hohenfels, einem christlichen Jugendlichen, die trotz vermeintlich starker Bind

ats20.de am : Gelesen. Bjerg.

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Bov Bjerg: Auerhaus. Berlin: Aufbau, 2015. Video samt Song kennen MTV-Geimpfte natürlich. Heutige Leser*innen aber nicht unbedingt. Ebenfalls Schullektüre.

ats20.de am : Gelesen. Brandt.

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Matthias Brandt: Blackbird. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2019. Auch ein Buch für die hier erwähnte Lektüreliste.

Kommentare

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Carsten am :

*Würde ich zumindest überdenken:

- 1938: Ulrich Alexander Boschwitz - Der Reisende.
- 1942: Stefan Zweig - Schachnovelle.
- 1981: Patrick Süskind - Der Kontrabaß.
- 1985: Patrick Süskind - Das Parfum.
- 1995: Selim Özdogan - Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist.
- 1998: Alexa Hennig von Lange - Relax.
- 2001: Marc Höpfner - Pumpgun.
- 2003: Benjamin Lebert - Der Vogel ist ein Rabe.
- 2016: Michelle Steinbeck - Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch.
- 2020: Thomas Hettche - Herzfaden. Für mich schon ein Klassiker.

Hanjo am :

*Danke für die Tipps, Carsten! – Boschwitz kommt mit einigen anderen (Özdogan, Höpfner, Steinbeck) auf meine Leseliste, Das Parfum war nicht dabei, weil ich's ein paar Male unterrichtet habe; von Lebert kannt ich bislang nur Crazy und das war zwar nett, aber zu simpel, von Hettche las ich mal Nox und war nicht begeistert (wenn auch anders als bei Lebert), Henning von Lange muss ich mal wieder raussuchen (liegt, glaube ich, noch irgendwo).

onli am :

*Geht es bei der Liste noch um Romane mit Bezug zu "Texte zu Identität und jugendlicher Lebenswelt"? Es müssen deutsche Autoren sein?

2010: Wolfgang Herrndorf, Tschick

Vielleicht nicht in der Auswahl, weil es wie ein Jugendroman wirkt. Steckt trotzdem genug drin, oder? Und passt fast zu gut zum Thema.

1963: Alfred Andersch, Die Rote

Ich weiß gar nicht wie passend es ist, dass ich das im Kopf arg mit Tod in Venedig verbinde (Wobei Manns Der Tod in Venedig vll auch eine Option wäre, 1911, da ist die Liste ja sowieso dünn). Gleichzeitig Identitätsfindung der Frau und zweite Weltkriegsbetrachung, wenn ich mich richtig erinnere.

Ansonsten sehe ich gerade, dass Die Verwandlung 1912 war, und vom Thema passen würde(?). Für das Projekt bestimmt eher ungeeignet.

Wenn es nicht deutsche Autoren sein müssten wäre Snow Crash auch thematisch passend. Ich hatte auch direkt einen Impuls Heinleins "Revolte auf Luna" vorzuschlagen, wobei ich das nur auf Englisch gelesen habe, aber vielleicht mehr weil es mich interessieren würde was Schüler daraus machen. Geht ja auch um Lebenswelt, weitester Sinne. Begleys Schmidt wäre glaube ich klasse, weiß nicht ob sie es greifen könnten.

Hanjo am :

*Tschick haben einige (unsere Schüler*innen kommen ja von verschiedenen Schulen) in der Sek I schon gelesen, habe ich daher nicht aufgenommen.

Die Rote habe ich vor Jahrzehnten gelesen, kann mich nur noch dunkel erinnern, schau ich mir mal an; danke.

Von »Die Verwandlung« kennen meine SuS den Beginn, den ich vor einer kleinen Sammlung von Kürzestgeschichten Kafkas vorlas. (Ich hoffe, einige SuS haben weitergelesen.)

Übersetzungen habe ich von vornherein ausgeschlossen – einmal, um den Fremdsprachenkolleg*innen nicht ins Handwerk zu pfuschen (und möglicherweise Lektüreoptionen zu nehmen), andererseits, weil eine Übersetzung nun einmal in Bezug auf die sprachliche Gestaltung eine Schöpfung zweiter Ordnung ist. Ansonsten wäre die Auswahl natürlich größer.

Aber die Beschränkung hat auch etwas, und sei es nur die etwas schwierigere, aber lohnende Suche nach guten Texten …

Thomas Kuban am :

*Sibylle Berg: Habe ich dir eigentlich schon erzählt…

Wirkt auch wie Jugendbuch, ist aber mit so vielen Bezügen zum Leben in der DDR versetzt, dass es nicht so simpel ist. Und in Bezug auf Sibylle Berg nicht ganz so bitter.

Hanjo am :

*Gleich mal auf meine Leseliste gesetzt; danke, Thomas!

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