Gelesen. Franzen.
Jonathan Franzen: Crossroads. Übertragen von Bettina Abarbanell. Hamburg: Rowohlt, 2021.
Sprachlich deutlich dichter als Sandgrens Gesammelte Werke, aber inhaltlich mit einem ähnlichen Problem, nämlich hoher Redundanz in Bezug auf wesentliche Handlungsaspekte: wir lernen die Familie eines Pastors in einer amerikanischen Kleinstadtgemeinde kennen, indem die sich entwickelnde Geschichte aus der Perspektive ihrer Mitglieder erzählt wird. Das ist handwerklich sauber gemacht und ergibt auch recht stimmige Bilder der Zeit. Russ Hildebrandt, der Pastor, hat allerdings ein Problem mit der ehelichen Treue und ein wirklich wesentlicher Handlungsstrang besteht in der Verfolgung des Ziels, eine für ihn attraktive Witwe aus der Gemeinde zu verführen. Das wird mit all den Gewissensbissen und Selbstrechtfertigungen sehr eindrücklich geschildert und noch einmal geschildert und, damit es nicht überlesen wird, noch einmal geschildert. Und als es denn zum lang ersehnten Erlebnis kommt, wird es vom Erzähler verschränkt mit einer hochproblematischen Handlung eines von Russ' Kindern, das ja aufgrund der anderweitigen Aktivitäten des Pastors unbeaufsichtigt ist. Was entsteht: geradezu existenzielle Schuld! Schuld! Schuld!, die nur durch was wieder negiert werden kann? Durch einen allverzeihenden Exkulpationskoitus mit der ebenfalls schuld!schuld!schuld!beladenen Ehefrau Marion, die im zwar fremdgehenden, aber doch ganz passabel aussehenden Pastor die zum probehalber noch einmal in Augenschein genommenen früheren, deutlich gealterten und auch gar nicht so großartigen früheren Liebhaber bessere Alternative sieht. Ja, so spielt das Leben in amerikanischen Pastorenfamilien, wenn Franzen es beschreibt.
Tatsächlich kann er auch anders. Durchaus berührend sind die Schilderungen der Annäherungen zwischen dem jungen Russ und Navajo-Vertretern, Fremdeleien zwischen Nachbarschaftshilfeprojekten und der betreuten Nachbarschaft, auch Erzählungen der anderen Perspektiven haben immer wieder auch gute Momente. Doch gerade durch die Fokussierung auf eine Pastorenfamilie, deren fundamentale Auseinandersetzung immer die mit dem Glauben und der Gemeinde sein wird, scheinen mir wesentliche Aspekte der ja an Facetten nicht armen amerikanischen Gesellschaft ausgelassen bzw. nur angedeutet. Die Universalität des Zugriffs, der im Anspruch der Trilogie, »ein[en] Schlüssel zu allen Mythologien« zu liefern, ist dadurch kaum gegeben.
Trotzdem werde ich dranbleiben und sehen, wie Franzen sich müht, das Panorama weiter auszuleuchten.
Sprachlich deutlich dichter als Sandgrens Gesammelte Werke, aber inhaltlich mit einem ähnlichen Problem, nämlich hoher Redundanz in Bezug auf wesentliche Handlungsaspekte: wir lernen die Familie eines Pastors in einer amerikanischen Kleinstadtgemeinde kennen, indem die sich entwickelnde Geschichte aus der Perspektive ihrer Mitglieder erzählt wird. Das ist handwerklich sauber gemacht und ergibt auch recht stimmige Bilder der Zeit. Russ Hildebrandt, der Pastor, hat allerdings ein Problem mit der ehelichen Treue und ein wirklich wesentlicher Handlungsstrang besteht in der Verfolgung des Ziels, eine für ihn attraktive Witwe aus der Gemeinde zu verführen. Das wird mit all den Gewissensbissen und Selbstrechtfertigungen sehr eindrücklich geschildert und noch einmal geschildert und, damit es nicht überlesen wird, noch einmal geschildert. Und als es denn zum lang ersehnten Erlebnis kommt, wird es vom Erzähler verschränkt mit einer hochproblematischen Handlung eines von Russ' Kindern, das ja aufgrund der anderweitigen Aktivitäten des Pastors unbeaufsichtigt ist. Was entsteht: geradezu existenzielle Schuld! Schuld! Schuld!, die nur durch was wieder negiert werden kann? Durch einen allverzeihenden Exkulpationskoitus mit der ebenfalls schuld!schuld!schuld!beladenen Ehefrau Marion, die im zwar fremdgehenden, aber doch ganz passabel aussehenden Pastor die zum probehalber noch einmal in Augenschein genommenen früheren, deutlich gealterten und auch gar nicht so großartigen früheren Liebhaber bessere Alternative sieht. Ja, so spielt das Leben in amerikanischen Pastorenfamilien, wenn Franzen es beschreibt.
Tatsächlich kann er auch anders. Durchaus berührend sind die Schilderungen der Annäherungen zwischen dem jungen Russ und Navajo-Vertretern, Fremdeleien zwischen Nachbarschaftshilfeprojekten und der betreuten Nachbarschaft, auch Erzählungen der anderen Perspektiven haben immer wieder auch gute Momente. Doch gerade durch die Fokussierung auf eine Pastorenfamilie, deren fundamentale Auseinandersetzung immer die mit dem Glauben und der Gemeinde sein wird, scheinen mir wesentliche Aspekte der ja an Facetten nicht armen amerikanischen Gesellschaft ausgelassen bzw. nur angedeutet. Die Universalität des Zugriffs, der im Anspruch der Trilogie, »ein[en] Schlüssel zu allen Mythologien« zu liefern, ist dadurch kaum gegeben.
Trotzdem werde ich dranbleiben und sehen, wie Franzen sich müht, das Panorama weiter auszuleuchten.
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