Schule und einige ihrer Funktionen.
Was Schule für Gesellschaft leisten soll, ist theoretisch ja recht gut erfasst, es soll mein Thema heute nicht sein. Ein Blogeintrag von Don Alphonso allerdings (schon ein paar Tage älter (der Eintrag), aber ich lese ja auch gern Bücher, die nicht zu den ganz aktuellen und momentan angesagten gehören) führt mich zu anderen Gedanken. Don Alphonso schreibt:
Ist das eigentlich eine Anklage an Schule? Eher wohl nicht.
Es zeigt sich hier ein Muster der Argumentation, dass vermutlich ein jeder von sich selbst kennt: was ich erreiche, erreiche ich selbstverständlich aus eigener Kraft, was jedoch ich an schlechten Eigenschaften besitze und an Mängeln bemerken muss, geht auf das Konto der Eltern, der Verhältnisse und im besonderen Maße der Schule. Selbstwertdienliche Verzerrung.
Wird der Vormittag als »Vergeudung« empfunden, so ist das natürlich keine Aussage über die tatsächlich vorhandene Qualität von Unterricht. Möglicherweise haben sich die Lehrkräfte Don Alphonsos nach Kräften gemüht – aber es sind eben Lehrer, und solche gelten den Heranwachsenden nicht unbedingt als Rollenmodell; in der unübertrefflichen Arroganz des gerade Volljährigen weiß man einfach, dass alles, was die erzählen, nur Dummfug sein kann. Schade, wenn nicht wenigstens einer dabei gewesen ist, den man hat mindestens als Gegner ernst nehmen können. (Und ja, ich weiß, dass es auch andere Sichtweisen auf Schule gibt.)
Was aber Schulzeit eröffnet (und für mich ist das ein Argument für die Verlängerung, nicht für die Verkürzung von Schulzeit), ist ein Maß an Muße, das im Leben (abgesehen von der Zeit des Ruhestands) nie wieder erreicht werden wird, und eine Möglichkeit sozialen Lebens, die ebenfalls recht unvergleichlich ist. Da unsere S dies auch wissen, ist uns Lehrkräften klar: sie sind nicht in erster Linie des lehrplangemäßen Lernens wegen in der Schule. Das wiederum heißt nicht, dass mindestens informell nicht doch eine Menge gelernt wird, denn das Zurechtrücken in peer groups und zwischen Animositäten und Vorlieben, dabei berieselt von einem steten Strom an intellektuellen Anregungen, aus dem das eine oder andere Häppchen aufgeschnappt wird, ist gewiss der Bildung des Menschen zuträglicher als die folgende Zeit der Lehrjahre, die keine Herrenjahre seien, der Bachelor-Semester, die kein freies Studium mehr darstellen, und der Arbeitszeit, die in der Ausrichtung auf feste Stellen und kernige Karrieren nurmehr wenig Zeit für Blicke auf die außerhalb des vorgezeichneten Pfads liegenden Möglichkeiten lassen.
Vielleicht ist es gerade das, was Schule zeigen soll: Du musst Deinen Weg finden. Wenn die Schulbücher nichts für Dich sind, lassen wir Dir genügend Zeit, um das Deine zu finden. Mehr Zeit, als Du in Deinem Leben je wieder haben wirst. Du bist »unwillig, was Lernen angeht«? Macht nichts: so wie Lernen in der Schule und anderswo nicht erzwungen werden kann (es gibt nicht Freieres als das Lernen), so kannst Du Dich andererseits gar nicht dagegen wehren, etwas zu lernen, wenn es Dir wahrlich gefällt. Es ist uns egal, was Du lernst. Wir sind froh über die, die nicht nur brav repetieren, sondern Neues beitragen können.
(Hm. Nicht ganz fertig, der Eintrag. Aber er lag schon länger hier herum. Und da ich heute wieder sinnend auf Abiturklausuren schreibende S blickte, deren Gedanken in anderen Stunden gewiss überall waren, nur nicht in der Schule, ist heute vielleicht ein guter Tag zum Veröffentlichen.)
Ich bin ein sehr, sehr fauler und phlegmatischer Mensch. Ich glaube, das hat mit meiner Schulzeit zu tun, denn dieses frühe Aufstehen, in die Schule gehen und dort den Vormittag zu vergeuden, hat mir damals einfach den Stecker aus jeder Art von Ehrgeiz gezogen. Diese erste Hürde, diese Qual, und dazu noch diese Lehrer, das war alles kein Anreiz. Wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich mich sofort mit einem Buch nach oben verzogen. Das war ganz wunderbar. Ich habe gelesen und gelesen und vergessen und wurde sehr unwillig, was Lernen anging.
Ist das eigentlich eine Anklage an Schule? Eher wohl nicht.
Es zeigt sich hier ein Muster der Argumentation, dass vermutlich ein jeder von sich selbst kennt: was ich erreiche, erreiche ich selbstverständlich aus eigener Kraft, was jedoch ich an schlechten Eigenschaften besitze und an Mängeln bemerken muss, geht auf das Konto der Eltern, der Verhältnisse und im besonderen Maße der Schule. Selbstwertdienliche Verzerrung.
Wird der Vormittag als »Vergeudung« empfunden, so ist das natürlich keine Aussage über die tatsächlich vorhandene Qualität von Unterricht. Möglicherweise haben sich die Lehrkräfte Don Alphonsos nach Kräften gemüht – aber es sind eben Lehrer, und solche gelten den Heranwachsenden nicht unbedingt als Rollenmodell; in der unübertrefflichen Arroganz des gerade Volljährigen weiß man einfach, dass alles, was die erzählen, nur Dummfug sein kann. Schade, wenn nicht wenigstens einer dabei gewesen ist, den man hat mindestens als Gegner ernst nehmen können. (Und ja, ich weiß, dass es auch andere Sichtweisen auf Schule gibt.)
Was aber Schulzeit eröffnet (und für mich ist das ein Argument für die Verlängerung, nicht für die Verkürzung von Schulzeit), ist ein Maß an Muße, das im Leben (abgesehen von der Zeit des Ruhestands) nie wieder erreicht werden wird, und eine Möglichkeit sozialen Lebens, die ebenfalls recht unvergleichlich ist. Da unsere S dies auch wissen, ist uns Lehrkräften klar: sie sind nicht in erster Linie des lehrplangemäßen Lernens wegen in der Schule. Das wiederum heißt nicht, dass mindestens informell nicht doch eine Menge gelernt wird, denn das Zurechtrücken in peer groups und zwischen Animositäten und Vorlieben, dabei berieselt von einem steten Strom an intellektuellen Anregungen, aus dem das eine oder andere Häppchen aufgeschnappt wird, ist gewiss der Bildung des Menschen zuträglicher als die folgende Zeit der Lehrjahre, die keine Herrenjahre seien, der Bachelor-Semester, die kein freies Studium mehr darstellen, und der Arbeitszeit, die in der Ausrichtung auf feste Stellen und kernige Karrieren nurmehr wenig Zeit für Blicke auf die außerhalb des vorgezeichneten Pfads liegenden Möglichkeiten lassen.
Wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich mich sofort mit einem Buch nach oben verzogen. Das war ganz wunderbar. Ich habe gelesen und gelesen und vergessen und wurde sehr unwillig, was Lernen anging.
Vielleicht ist es gerade das, was Schule zeigen soll: Du musst Deinen Weg finden. Wenn die Schulbücher nichts für Dich sind, lassen wir Dir genügend Zeit, um das Deine zu finden. Mehr Zeit, als Du in Deinem Leben je wieder haben wirst. Du bist »unwillig, was Lernen angeht«? Macht nichts: so wie Lernen in der Schule und anderswo nicht erzwungen werden kann (es gibt nicht Freieres als das Lernen), so kannst Du Dich andererseits gar nicht dagegen wehren, etwas zu lernen, wenn es Dir wahrlich gefällt. Es ist uns egal, was Du lernst. Wir sind froh über die, die nicht nur brav repetieren, sondern Neues beitragen können.
(Hm. Nicht ganz fertig, der Eintrag. Aber er lag schon länger hier herum. Und da ich heute wieder sinnend auf Abiturklausuren schreibende S blickte, deren Gedanken in anderen Stunden gewiss überall waren, nur nicht in der Schule, ist heute vielleicht ein guter Tag zum Veröffentlichen.)
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tommdidomm am :